Die Arbeit der VAR..
Die Arbeit eines VAR ist nicht immer einfach. Sie stehen bei ihrer Arbeit oft unter Druck, müssen in Sekundenschnelle Entscheidungen überprüfen und dem Schiedsrichterteam vor Ort diese liefern, um so eine vermeintliche Fehlentscheidung korrigieren zu können. Wir haben uns im Tiroler Bundesliga-Kreis zum Thema VAR umgehört:
Konrad Plautz, internationaler Beobachter und Elite-Referee Vorsitzender Stv.:
Du bist Sprecher des VAR-Projekts in Österreich und hast sämtliche Abläufe im Blick. Was sind deine Hauptaufgaben als solcher und wie fällt dein Zwischenfazit nach einer Saison VAR in der österreichischen Bundesliga aus? Werden Videoassistenten auch bewertet und wie erfolgt diese Beurteilung?
Für die erste Saison können und sind wir im Großen und Ganzen sehr zufrieden bilanzieren. Natürlich gab es den einen oder anderen Aufreger eines falschen oder nicht stattgefundenen Eingriffs, wo ein solcher unbedingt notwendig war. Man muss auch sagen, dass wir von den Erfahrungen anderer Nation, wo dieses System schon mehrere Jahre läuft, profitieren konnten. wenn der Konsument jetzt glaubt, dass durch den VAR alles gut und richtig ist der irrt. Ich habe im Vorfeld immer wieder gesagt, dass es weiterhin Diskussionen geben wird und der VAR in Frage gestellt werden wird. Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Nicht jeder hat denselben Zugang zu einem Vergehen, nicht jeder hat die gleich Handhabung bei Foulvergehen, sei es am Platz oder in der VAR Zentrale. Fakt ist, durch die Einführung des VAR'S das dem Spiel den Mannschaften der gerechten Entscheidung zugeführt wird und gravierende Fehleinschätzungen die durch die Spieloffizielle passieren ausgemerzt und korrigiert werden. Es gibt bzw. gab eine Bewertung im Gesamtheitsbild, wo viele Punkte zu bewerten waren, wie, Schnelligkeit der Checks, Korrektes erkennen der Vergehen, Zusammenarbeit zwischen VAR und AVAR sowie Operator uvm. Seit dieser Saison wollen wir analog zur UEFA eine Benotung durchführen. Es ist insofern schwierig, da der Instruktor bis zu 5 Spiele gleichzeitig an 5 verschiedenen Monitoren begutachten muss. Und ist zur selben Zeit in mehreren Spielen etwas los, ist es natürlich schwierig eine korrekte Bewertung abzugeben, gravierende Fehler sind leicht zu erkennen und diese sind auch aufzuzeigen. Permanente Schulungen, Aufarbeiten der Szenen hat oberste Priorität um uns stätig zu verbessern. Seit heuer stellen wir auch bei internationalen Spiele VAR`s.
Walter Altmann, FIFA-Schiedsrichter:
Walter, du bist ebenso von der ersten Stunde an dabei. Welche Schulungsmaßnahmen wurden im Vorfeld getroffen und wie wurdet ihr auf diese Neuerung vorbereitet?
Grundlage für die doch sehr zeitintensive Ausbildung und die Tätigkeit als VAR ist das VAR Protokoll, welches im Vorfeld zum Selbststudium übermittelt wurde. In weitere Folge begannen die ersten Theorieeinheiten. Diese bestanden einerseits aus Vorträgen von einem externen Spezialisten und andererseits aus Referaten von den VAR-Instruktoren in Österreich. In weiterer Folge waren eine Vielzahl an Situationen aus Spielen aus der Vergangenheit an eigens aufgebauten Workstations abzuarbeiten. Diese Workstations simulierten bereits den Aufbau eines VAR-Arbeitsplatzes, wie er uns heute zur Verfügung steht. Zum Abschluss der theoretischen Ausbildung musste noch ein Spiel über 90 Minuten als VAR simuliert werden.
Nach Abschluss der theoretischen Ausbildung folgten die ersten praktischen Übungen als VAR bei einem Livespiel. Coronabedingt war dieser Teil der Ausbildung sehr schwer umzusetzen und es musste auf Grund der Einschränkungen auf Amateur- bzw. Nachwuchsmannschaften zurückgegriffen werden, welche zu dieser Zeit spielen durften. Im gleichen Atemzug musste natürlich auch die Seite als Schiedsrichter bei einem Spiel mit einem VAR im Hintergrund trainiert werden, denn auch für den Schiedsrichter am Feld haben sich seit der Einführung einige Dinge geändert.
Abschließend galt es noch ein Livespiel in einem Bundesligastadion zu absolvieren. Hierzu wurde ein Freundschaftsspiel von den Bundesligavereinen herangezogen, um einerseits den Echtbetrieb in der heutigen VAR-Zentrale und andererseits die technische Umsetzung in den Stadien zu testen.
Andreas Heiß, Bundesliga-Schiedsrichter:
Vor allem mit Hinblick auf die Technik, welche Aufgaben müssen während einem Spiel seitens des Videoassistenten erfüllt werden? Seid ihr hier auf Euch alleine gestellt oder erhaltet ihr Unterstützung im Video-Assistent-Center?
Vor dem Spiel gehen VAR, AVAR und der eingeteilte Operator von Hawk Eye zusammen diverse Checks durch:
- Funktioniert die Kommunikation ins Stadion?
- Sieht der SR im Stadion alle Kameraeinstellungen am Bildschirm für einen On Field Reviews (OFR)?
- Einstellung der kalibrierten Linie für Abseits
- Synchronisierung aller Kameras
- Welche Kamerapositionen möchte der VAR auf seinem Splitscreen sehen
Zusätzlich wird der Standardablauf für einen Check nochmal durchgesprochen:
- Welche Kameras werden in welcher Geschwindigkeit bei einem Check eingespielt
- Wie gestaltet sich der Ablauf im Falle eines OFR.*
Während des Spiels verlassen sich dann alle darauf, dass der Ablauf in den einzelnen Spielsituationen dem vorher definierten Rahmen folgt. Nur dann ist ein schneller und korrekter Check der einzelnen Spielsituationen gewährleistet. Wie bei jedem SR Team am Feld gilt auch für das Team vor den Monitoren: Folgt einer nicht dem Ablauf oder macht einen Fehler, wird am Ende vermutlich ein falsches Ergebnis stehen und das verzeiht der Fußballkonsument noch weniger, als am Feld.
Daniel Pfister, Bundesliga-Schiedsrichter:
Wenn du als Videoassistent besetzt wirst, wie bereitest du dich dann auf diesen Einsatz vor? Wie läuft der Spieltag selbst für dich ab?
Da ich meine vollständige Ausbildung zum VAR erst Ende Juli 2022 abschließen konnte, wurde ich bisher noch nicht für ein Bundesligaspiel eingeteilt. Im Rahmen der Ausbildung absolvierte ich jedoch ein Testspiel des österreichischen Frauennationalteams vor der Europameisterschaft sowie das Testmatch Wolfsberger AC - AC Milan. Der Ablauf ist jedoch mit jenem bei einem Bundesligaspiel ident. Die Anreise am Spieltag ist grundsätzlich so zu planen, dass man spätestens 2 Stunden vor Spielbeginn in der VAR-Zentrale in Wien eintrifft. Rund 90 Minuten vor dem Spiel findet ein 1. Toncheck mit den Schiedsrichtern am Feld statt. Dabei wird sowohl die Sprachverbindung als auch der Bildschirm in der Review-Area samt der vorhandenen Kamerapositionen überprüft. Im Anschluss erfolgt ein Pre-Match Briefing mit dem VAR-Supervisor. Dabei werden Szenen der letzten Runden zur Vorbereitung besprochen und die jeweiligen Auflösungen vorgegeben. Zudem werden als Aufwärmprogramm für das anstehende Spiel einige Übungsclips an den Workstations abgearbeitet. Circa 30 Minuten vor Spielbeginn - während dem Aufwärmen der amtierenden Schiedsrichter am Feld - findet der 2. Toncheck statt. Dabei werden unter anderem die Lautstärkeeinstellungen der Headsets nochmals aufgrund der nun zunehmenden Hintergrundgeräusche im Stadion angepasst. Anschließend erfolgt die Absprache mit dem AVAR und dem zuständigen Operator, um so eine optimale Zusammenarbeit während des Spiels zu ermöglichen. Nach hochkonzentrierten 90 + x Minuten, in denen im Idealfall kein Eingriff des VAR erforderlich ist, werden nach Spielende die relevanten Situationen in einem Debriefing detailliert besprochen und entsprechend aufgearbeitet. Anschließend erfolgt die Heimreise.
Andreas Staudinger, FIFA-Schiedsrichter:
Welche Aufgabe hat ein Schiedsrichterassistent beim Projekt VAR?
FIFA Assistenten und ausgewählte Bundesliga Assistenten, werden im VAR Projekt als AVAR ( Assistent Video Referee Assistant) eingesetzt.
Unsere Aufgabe ist es den VAR zu unterstützen wenn dieser gerade eine Situation checkt wenn das Spiel zB nicht unterbrochen wurde.
Weiters haben wir ein Auge auf mögliche Abseits Situationen im Zuge der APP ( Attacking possesion Phase) die im Zuge jeder Torerzielung, roten Karte oder Strafstoß Entscheidung kontrolliert werden muss.
Auch hier, wie am Feld als aktives Team. ist die interne Kommunikation und Erfahrung miteinander ein wesentlicher Baustein eines erfolgreichen VAR Teams.
Wir danken für die interessanten Antworten und drücken euch für die kommenden Aufgaben die Daumen!
Fotos: Gepa-pictures